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Das Programm «Einkauf 4.0 Check» umfasst 63 Fragen, um den aktuellen Stand des Einkaufs zu bewerten und konkrete Ansätze für Digitalisierungs-projekte zu identifizieren. (Bild: Fotolia.com/vege)
12. Dezember 2018

Standortbestimmung auf dem Weg zum Einkauf 4.0

Der Einkauf gehört zu den Unternehmensbereichen, die von den Möglichkeiten der Digitalisierung enorm profitieren können. Mit dem Programm «Einkauf 4.0 Check» des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) können Firmen ihre Einkaufsorganisation anhand ausgewählter Erfolgskriterien bewerten.

Viele Unternehmen stehen an der Schwelle zur digitalen Transformation. Doch viele wissen gar nicht, wo genau sie stehen und welche Schritte auf dem Weg zur erfolgreichen Digitalisierung ihrer Einkaufsorganisation erforderlich sind. Studien und Untersuchungen des Fraunhofer-Instituts für Materialfluss und Logistik (IML) greifen diese Problematik auf und geben Unternehmen wertvolle Hilfestellungen auf dem Weg zu ihrem Einkauf 4.0.

Erste Hürden überwinden
Die zunehmende Digitalisierung und Dynamisierung der Unternehmenswelt im Kontext von Industrie 4.0 führt zu einer grundlegenden Veränderung von Abläufen in allen Bereichen eines Unternehmens. Aufgrund der Vielzahl an internen und externen Schnittstellen nimmt die Einkaufsorganisation zunehmend eine Schlüsselposition ein, um den Wandel entscheidend zu gestalten. Dafür muss der Einkauf die Initiative ergreifen und als Schnittstellenmanager den digitalen Transformationsprozess anführen.
Doch wie kann die digitale Transformation wirksam angegangen werden? Viele Firmen,vom Kleinunternehmen bis hin zum Grosskonzern, haben erste Handlungsbedarfe identifiziert und sind motiviert, die Digitalisierung im Einkauf voranzutreiben.
Allerdings stellt oftmals bereits dieser erste Schritt eine unerwartete Hürde dar, da eine Methodik zur strukturierten Identifizierung von Digitalisierungsbedarfen fehlt. Es gilt daher zunächst konkrete Ansatzpunkte zu lokalisieren und geeignete Massnahmen zu definieren, um das Digitalisierungsprojekt anzustossen. Das Wissen über die aktuelle Leistungsfähigkeit des Einkaufs ist dabei ebenso von wachsender Bedeutung wie messbare Änderungen der Performance infolge umgesetzter Digitalisierungsprojekte.

Der «Einkauf 4.0 Check»
Zahlreiche Firmen stehen bei diesen Fragestellungen noch ganz am Anfang ihrer Bemühungen und benötigen Unterstützung. Deshalb wurde vom Fraunhofer IML ein standardisiertes, toolgestütztes Vorgehen zur Bewertung des aktuellen Reifegrades der Einkaufsorganisation auf dem Weg zum Einkauf 4.0 entwickelt – der «Einkauf 4.0 Check».
Anhand verschiedener Faktoren, die für eine erfolgreiche Umsetzung des Einkaufs 4.0 erforderlich sind, können die Unternehmen mit dem «Einkauf 4.0 Check» die Performance und den aktuellen Entwicklungsstand ihrer Einkaufsabteilungen einordnen und bewerten. Aus diesen Erfolgsfaktoren leiten sich 63 Fragen ab, aufgeteilt auf sechs Dimensionen (Mensch und Management, Technologien und  Systeme, Controlling und KPI, Organisation und Prozesse, Geschäftsmodelle, Lieferanten), die eine genaue Standortbestimmung ermöglichen. Das Unternehmen definiert darüber hinaus den individuellen Zielzustand für jede Fragestellung.
Diese Zielzustände sind an der Strategie des jeweiligen Unternehmens auszurichten und entsprechen nicht zwingend der maximal möglichen Ausprägung in jeder Dimension. Somit erhalten Unternehmen nach der Durchführung des «Einkauf 4.0 Checks» individuell auf ihre Einkaufsorganisation abgestimmte Handlungsfelder für potenzielle Digitalisierungsvorhaben, die durch den Ist-Soll-Abgleich der verschiedenen Dimensionen identifiziert und aufbereitet werden. So können geeignete Massnahmen zur Überwindung der Lücken bedarfsgerecht abgeleitet werden. Darüber hinaus kann auf Wunsch die eigene Performance mit einem Benchmark innerhalb der eigenen Branche oder über verschiedene Branchen hinweg verglichen und bewertet werden. Hierbei stehen sowohl die aktuellen Situationsanalysen als auch die Zielsetzungen der Benchmark-Unternehmen zur Verfügung, was eine umfassende Beurteilung der eigenen Leistungsfähigkeit und Ziele ermöglicht. Durch eine wiederholte Durchführung der Standortbestimmung werden Fortschritte messbar, transparent und kommunizierbar.

Blockchain und Smart Contracts im Einkauf
Entsprechend der individuellen Digitalisie-rungsroadmap zum Einkauf 4.0 werden neben strategischen Komponenten auch innovative Technologien wie zum Beispiel künstliche Intelligenz, Blockchain und Smart Contracts mit einbezogen. Letztere bieten gerade für den Einkauf ein hohes Automatisierungspotenzial, da auch heute noch viele Beschaffungsprozesse papierbasiert abgewickelt werden. Die Blockchain ist hier besonders geeignet, um verschiedene Schnittstellen der Wertschöpfungskette zu harmonisieren. Als Kommunikationsmedium zwischen den Partnern reduziert sie den Aufwand erheblich, verglichen mit der Pflege individueller EDI-Schnittstellen je Lieferant (engl. Electronic Data Interchange, ersetzt Papier-Dokumente durch elektronische Dokumente). Durch redundante Datenhaltung können angebundene Partner auf dieselben Informationen zugreifen. Vollständige Transparenz unter allen Partnern ist dabei nicht zwingend erforderlich. So können sensible Daten durch genau festgelegte Lese- und Zugriffsrechte geschützt werden. Darüber hinaus können mit Smart Contracts Ausführungen von Vertragsvereinbarungen und Abläufen automatisiert werden. Wird beispielsweise der Einkaufspreis an die Liefertreuekennzahl gekoppelt, kann dem Lieferanten bei Überschreitung der Lieferfrist ein niedrigerer Preis bezahlt werden, als wenn er pünktlich liefert.

Der Weg zum Einkauf 4.0
Um die unternehmenseigenen Ziele innerhalb der oben genannten Dimensionen noch konsequenter verfolgen zu können, laufen bereits Umsetzungsprojekte am Fraunhofer IML. Hier werden geeignete Strategien entwickelt, um individuelle Massnahmen abzuleiten und in der Einkaufsorganisation umzusetzen. Projektinhalte umfassen beispielsweise eine optimierte Lieferantenintegration, Innovation Sourcing sowie die Verbesserung der Nachfrage- und Kapazitätsplanung. Durch seine umfassende Herangehensweise bietet der «Einkauf 4.0 Check» nicht nur eine wirksame Möglichkeit zur Messung der aktuellen Performance der Einkaufsorganisation, sondern kann auch den entscheidenden Anstoss geben, um die digitale Transformation im eigenen Unternehmen voranzutreiben und die strategische Schlüsselposition des Einkaufs nachhaltig zu stärken. | as
 

Gut zu wissen
Dieser Bericht ist im August 2018 im PROCURE SWISS MAGAZIN erschienen, der Fachzeitschrift des nationalen Verbandes für Einkauf und Supply Management procure.ch. Seit Anfang 2018 arbeitet haptik.ch mit procure.ch zusammen, um vermehrt auch Einkäuferinnen und Einkäufer anzusprechen.
Axel T. Schulte ist promovierter Betriebswirtschafter und Ingenieur. Er leitet am Fraunhofer-Institut für Materi-alfluss und Logistik (IML) die Abteilung Einkauf und Finanzen im SCM und hat ausserdem eine Professur für Supply Chain Management an der St. Petersburger State University, Russland.

Axel T. Schulte für procure.ch
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