Schule
30. April 2023

Studie der Universität Zürich: MINT-Förderung für Mädchen bringt wenig – offen bleibt, was Schülerinnen fernhält

Mathelastigkeit, Arbeitsbedingungen, ein wettbewerbsorientiertes Klima – es scheint viele Faktoren zu geben, die Mädchen und junge Frauen davon abhalten, einen Beruf im MINT-Bereich zu ergreifen. Doch welcher Aspekt tatsächlich den Ausschlag gibt, ist unklar. Eine Entflechtung dieser Faktoren könnte dazu beitragen, die überschaubaren Erfolge der Mädchen-MINT-Förderung zu verbessern.
Wegen gesellschaftlichen, geschlechterspezifischen Stereotypen: Trotz gleicher Begabung wählen Mädchen deutlich seltener MINT-Berufe (Foto: Pixabay)

Mehr Mädchen in MINT-Berufe. Diese Forderung gehört zu den seit Langem hochgehaltenen Zielen der Bildungspolitikerinnen und Bildungspolitiker jeglicher Couleur. Doch noch immer scheint für Schülerinnen eine Ausbildung im MINT-Bereich wenig anziehend. Ebenso scheinen Studiengänge in Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik (MINT) für junge Frauen wenig attraktiv zu sein. Trotz aller Bemühungen bleiben die politischen Erfolge bei der Mädchen-MINT-Förderung überschaubar.

Warum entscheiden sich so wenige Schulabgängerinnen für ein technisches Studienfach – trotz guter Noten in Mathematik, trotz hoher Gehälter und Fachkräftemangel im MINT-Bereich? Diese Frage beschäftigt die Gesellschaftswissenschaften schon lange, zumal Untersuchungen zeigen, dass Mädchen mathematisch generell gleich begabt sind wie Jungen.

Zur Erklärung werden gerne gesellschaftliche geschlechtsspezifische Stereotypen herangezogen. Männer können logisch und abstrakt denken, Frauen sind eher kreativ. Männer sollen das Geld nach Hause bringen, Frauen kümmern sich um die Familie. Männer sind kompetitiv, Frauen scheuen das Risiko: Solche und ähnliche, im Wesentlichen unberechtigte Denkmuster schreckten Mädchen und junge Frauen ab. Ebenso hielten sich Vorstellungen über vermeintliche Unterschiede im analytischen Denken hartnäckig und stellten für Schulabgängerinnen eine Schwelle auf dem Weg in technische Studien dar.

Faktoren isoliert betrachten

Doch wenn die Ursachen bekannt sind, warum tut sich die Politik dann so schwer, an den richtigen Stellschrauben zu drehen, die eigenen Ansprüche einzulösen? Offenbar tut, in diesem Bereich einigermaßen überraschend, weitere Forschung not. Eine soziologische Studie der Universität Zürich stellt fest, dass sich die Wissenschaft bislang schwertue, die Frage nach den Beweggründen schlüssig zu beantworten. «Das Problem ist, dass viele dieser zum Teil auf falschen Vorstellungen beruhenden und daher nicht zwingend zutreffenden Charakteristiken in den Fächern simultan präsent sind», fasst Studienautorin Benita Combet zusammen.

Gemeinsam mit ihren Kolleginnen und Kollegen hat Combet nun im Detail untersucht, was Schülerinnen am meisten abschreckt. Dabei spielen überholte geschlechtsspezifische Stereotypen tatsächlich eine große Rolle. Überdies ist das Studium in den meisten MINT-Fächern mathematiklastig, es braucht eine Affinität zur Technik, der spätere Verdienst ist hoch, aber Teilzeitarbeit ist (noch) eher selten möglich.

Um zu untersuchen, welcher dieser Faktoren denn nun den Ausschlag gibt, sich für oder gegen ein Fach zu entscheiden, wählte Combet für ihre Untersuchung einen neuen Ansatz: Statt die Versuchspersonen über ihr Interesse an echten Studienfächern wie Mathematik oder Psychologie zu befragen, präsentierte sie ihnen fiktive Studienfächer, die sich gezielt in spezifischen Punkten unterschieden: beispielsweise in Bezug auf die Möglichkeit zur Teilzeitarbeit oder die Anforderungen an analytisches Denken und emotionale Intelligenz. Dies ermöglichte ihr, die verschiedenen Faktoren bei ihrer Analyse voneinander zu entflechten. An der Befragung nahmen etwa 1.500 Schweizer Gymnasiastinnen und Gymnasiasten teil.

Alte Zöpfe abschneiden

«Überraschenderweise liessen sich die männlichen Schüler ausschliesslich von ihren Präferenzen für Mathematik und materialistische Werte wie Lohn und Prestige beeinflussen», so Combet. Die anderen Faktoren schienen für sie nicht relevant zu sein. Ganz anders das Bild bei den jungen Frauen: Diese zeigten eine Aversion gegen Fächer, die analytisches statt kreatives Denken voraussetzten und im Berufsalltag wenig soziale und emotionale Fähigkeiten erforderten. Sie bevorzugten zudem weniger kompetitive Berufsfelder mit Möglichkeiten zur Teilzeitarbeit. Entgegen der Erwartungen fühlten sie sich aber genau wie die Männer zu Berufen mit hohem Gehalt und Ansehen hingezogen.

Insgesamt hätten die Analysen gezeigt, dass die Überzeugungen über die geforderten Denkstile und die Affinität zu Arbeitsaufgaben die Hauptfaktoren für die geschlechtsspezifische Aufteilung der Studienfächer seien. Während diese Merkmale die Wahl der Männer im Experiment nicht beeinflussten, seien sie der stärkste Prädiktor für die Wahl der Frauen gewesen. Die Mathe-Intensität eines Fachs habe sich für die Auswahl der Frauen dagegen irrelevant gezeigt.

«Vor allem im Hinblick auf Faktoren wie logischer Denkstil und technische Fähigkeiten existieren noch starke geschlechtsspezifische Stereotype, welche die Entscheidung der Gymnasiastinnen offensichtlich maßgeblich beeinflussen», so Combet. «Wir sollten deshalb weiterhin daran arbeiten, diese stärker zu hinterfragen.» Zum Beispiel in Bezug auf das analytische Denken – hier ist wissenschaftlich keineswegs nachgewiesen, dass es Unterschiede zwischen Männern und Frauen gibt. Ausserdem ist diese Fähigkeit Grundvoraussetzung für fast jedes Studium.

Zudem findet es Benita Combet wichtig, die Schülerinnen noch besser über die Studienfächer zu informieren. «Viele gängige Vorstellungen darüber sind nämlich nicht akkurat.» Zum Beispiel, dass es im Ingenieurstudium nur um Affinität zur Technik gehe. «Auch in diesem Bereich sind zwischenmenschliche und kreative Fähigkeiten zentral, etwa bei der gemeinsamen Entwicklung von Prototypen.»

pd/rr
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