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Wie lernen Kinder besser lesen und schreiben?
Tippen, Wischen, Klicken: der Grossteil unserer händischen Tätigkeiten läuft nicht mehr unabhängig von Computern, Screens oder Smartphones ab – zunehmend auch bei Kindern. Dieser digitale Lebensstil wirft Fragen auf, inwiefern motorische und kognitive Fähigkeiten von Kindern durch die Digitalisierung beeinflusst werden und ob analoge Schreibgeräte die Lern-, Lese- und Schreibprozesse unterstützen.
Der Nürnberger Schreibwarenhersteller STAEDTLER hat aus diesem Anlass eine Studie des ZNL TransferZentrum für Neurowissenschaften und Lernen (Universität Ulm) gefördert, die von April 2016 bis Mai 2019 durchgeführt wurde. Ein zentrales Ergebnis zeigt, dass der handschriftliche Schriftspracherwerb visuell-räumliche Fähigkeiten bei Kindern verbessert.
In der Studie stellte sich heraus, dass das Handschreiben mit Stift und Papier sowohl das Erkennen von Buchstaben als auch die visuell-räumlichen Fähigkeiten besser fördert, als das Tippen auf einer digitalen Tastatur. Beides sind Fähigkeiten, die wichtig für den Schriftspracherwerb sind. Das Schreiben mit einem speziellen Stift auf der Tabletoberfläche war hier ebenfalls förderlich, allerdings nicht in dem Ausmass wie das Schreiben mit Stift auf Papier. Ein weiteres Resultat der Studie bestätigt zudem wissenschaftliche Erkenntnisse, dass Kinder, die bereits über gute visuell-räumliche Fähigkeiten verfügen, später bessere Leseleistungen aufweisen.
Eine Studie mit 145 Vorschulkindern
Insgesamt 145 Vorschulkinder im Alter von vier bis sechs Jahren nahmen an dem Projekt «Wie lernen Kinder besser Schreiben und Lesen? – Der Einfluss des Schreibmediums auf kognitive Leistungen und neuronale Aktivierungsmuster» teil. Für einen Zeitraum von 7 Wochen wurden sie dafür in drei Gruppen eingeteilt, um Buchstaben und Wörter zu lernen: mit Stift und Papier, mit Tablet-Stift und Bildschirm sowie mit Tastatur und Bildschirm.
Britta Olsen, Head of Brand & Communications bei STAEDTLER, sagt: «Es ist erstaunlich, dass sich der Einfluss des Schreibmediums und damit der Zusammenhang von guten visuell-räumlichen Fähigkeiten und besseren Leseleistungen bereits innerhalb der Studienlaufzeit von sieben Wochen abgezeichnet haben.»
In den Untersuchungen mussten die Kinder Buchstaben und Wörter lesen und nach einem Diktat schreiben können. Zudem wurde gemessen, wie gut die Kinder Buchstaben erkennen können. Vorhandene Vorkenntnisse wurden beachtet. Unabhängig vom Schreibmedium erlangten alle teilnehmenden Kinder einen Zuwachs an Buchstaben- und Wortkenntnissen. In der Gruppe, die mit Stift und Papier geschrieben hatte, zeigte sich ein größerer Zuwachs beim Buchstabenerkennen als in der Tastatur-Gruppe.
Dr. Petra Arndt, Projektleiterin und Geschäftsführende Leitung des ZNL, betont die Bedeutung des Handschreibens mit Papier und Bleistift für den Schriftspracherwerb: «Das Handschreiben erfordert, auf Details von Buchstaben zu achten und diese auf dem Papier mit dem Stift nachzuformen. Dadurch können die Buchstaben besser gemerkt und erkannt werden.» Ihr Ko-Projektleiter Prof. Dr. Markus Kiefer, ebenfalls von der Universität Ulm, ergänzt: «Diese förderliche motorische Gedächtnisspur ist beim Handschreiben auf einer Tabletoberfläche weniger stark ausgeprägt als beim Schreiben mit Stift und Papier. Die glatte Tabletoberfläche gibt dem Kind im Vergleich zum Papier weniger sinnliche Rückmeldung über die Schreibbewegung.»
Es liess sich feststellen, dass die Kinder der «Stift und Papier»-Gruppe nach dem Training zwei Figuren hinsichtlich gemeinsamer Merkmale bzw. räumlicher Position deutlich besser erkennen und vergleichen konnten als die Kinder aus der Tastaturgruppe. «Die Studienergebnisse deuten darauf hin, dass das Schreiben mit der Hand beim Start in den Schriftspracherwerb für Kinder mit schwächeren visuell-räumlichen Fähigkeiten ein zusätzliches Übungsfeld für diese Fähigkeit darstellt», so Olsen.
Familiäre Freizeitbeschäftigung entscheidend für bessere Leistungen der Kinder
Eine Lernsteigerung liess sich nicht nur beim Schreiben mit Stift und Papier erkennen, sondern auch bei anderen kreativen Tätigkeiten. Die Studie zeigt ebenfalls, dass Kinder, die mit ihren Eltern regelmässig malen, basteln oder Geschichten vorgelesen bekommen, unabhängig vom genutzten Schreibmedium in der Studie, bessere Leistungen beim Schreiben von Wörtern erzielen. Kinder mit hohem Fernsehkonsum (durchschnittlich mehr als die empfohlenen 30 Minuten pro Tag bei Vorschulkindern) schneiden hingegen deutlich schlechter ab.